Restaurant Borchardt. Was soll man sagen, was soll man schreiben. Jeder kennt es, die ein lieben es, die anderen verachten es. Aber wie auch immer: Es ist eine Institution. Ganz gleich der Kronenhalle in Zürich. Es geht um das Sehen und Gesehen werden, um das Dabeisein.

Und um die überteuerten Preise zu rechtfertigen, sagen die Liebenden bei der Kronenhalle, das Zürcher Geschnetzel sei einfach das Beste der Stadt. Beim Borchardt hingegen nimmt diese Stelle das Wiener Schnitzel ein – Berlin hat neben der Currywurst einfach nichts zu bieten, das die Stelle des Zürcher Geschnetzelten einnehmen können, und Deutsche lieben ja bekanntlich Schnitzel. Die Nörgeler dagegen bemängeln den arroganten Service, die völlig überzogenen Preise und überhaupt das ganze glamouröse Getue.

Die Fronten sind demnach verhärtet wie sonst nur in Nahost. Das Restaurant Borchardt verdient vermutlich ganz gut daran, und es sei ihnen gegönnt. Nur wenige Restaurants schaffen es, sich zu einer Institution zu entwickeln und diesen Status über Jahre zu aufrecht zu halten. Denn entweder man nimmt zu viele Nörgler, Touristen, Schaulustige und anderes unglamouröses Volk auf und verwässert seine Stellung oder man wird so exklusiv, dass man am Ende alleine da steht.

Das Borchardt löst diesen Konflikt auf ganz geschickte Weise. Erstmalige Besucher, Touristen und sonstiges Volk wird im äußeren Kreis platziert. Die Stammgäste, Prominenten und Freunde des Hauses dürfen dagegen im inneren Zirkel Platz nehmen. So wird zumindest gemunkelt in den entsprechenden Kreisen.

Soweit so gut. So war mein oberflächliches Hintergrundwissen am Freitag, 3. Januar 2014, 14.15, bei meinem allerersten Besuch im Borchardts. Sehr höflicher Empfang. Meine Frage, ob es einen Mittagstisch gäbe und sie diesen noch servieren, beantwortete man sehr höflich mit Ja und führte mich an einen Tisch in dem – und da sind sich vermutlich alle einig – sehr schönen Saal mit seinen hohen Decken.

Vermutlich hätte ich im Falle des Restaurant Borchardt von meinem Plane abweichen und ein Wiener Schnitzel bestellen sollen. Aber ja, ich weiche nur ungerne von Plänen ab und schaute mir daher den Mittagstisch an. Risotto, Wildbarschfilet und auch ein Menu de jour mit ich glaube einer Fleischvariante. Ich entschied mich für den Wildbarsch und einen bodenständigen Riesling dazu.

Der Wein wurde nach drei Minuten als erstes serviert, sehr sympathisch. Nach vielleicht 10, vielleicht 12 Minuten kam das Wasser samt meinem Wildbarsch auf Risotto und Wintergemüse. Barsch, Risotto, Gemüse, alles von guter Qualität und sehr ordentlich zubereitet. Kein Schnickschnack, kein Verschmoren o.ä., alles von einer Qualität, wie man sie im Borchardts erwarten darf. Im Anschluss dann der Espresso. Nun ja, Espresso eher nicht, eher ein sehr bitteres, lauwarmes Schwarzes. Schade.

Auch mit den schlechtesten Absichten könnte ich nichts Negatives über den Service sagen. Aufmerksam, aber nicht zu aufmerksam, nett, schnell, freundlich, kurzum: gut erzogen. Das Publikum um diese Uhrzeit war wenig auffallend, vermutlich eher Touristen als Berliner Promis, aber das mag auch an meinem miserablen Promi-Blick liegen.

Meine Rechnung war korrekt: 23,50 alles zusammen, inklusive Kaffee. Sicherlich kein Mittagsschnäppchen, aber so war ich mal im Restaurant Borchardt, habe exzellent gespeist, einen ordentlichen Riesling genossen und das Wochenende eingeläutet.

Fazit: Wenn immer man ein wenig Glamour schnuppern möchte, dann ist der Mittagstisch im Restaurant Borchardt eine der besten Varianten in Berlins Mitte.

 

Übersicht Restaurant Borchardt

Coolness-Faktor: 4

Schnäppchen-Faktor: 2

Kulinarisch: 5

Service: 5

Schnelligkeit: 4

Location: 5

Terrasse: Ja, Sonne und Schatten

Wiederkehrfaktor: 2

Geeignet für: Geschäftsessen, Date, miese und gute Tage

Mittagstisch: Montag – Samstag, 12 – 15 Uhr

Richtung: französisch, deutsch, international

Preis: €15,00 – 30,00

 

Restaurant Borchardt

Französische Str. 47, 10117 Berlin
+49 (0)30 81 88 62 62
www.borchardt-restaurant.de